„Was würdest du tun, wenn du dich zu etwas berufen fühlst, das du eigentlich nicht möchtest?“

Wer hätte je gedacht, dass ein ganz normaler Städtetrip unser Leben verändern wird? Vor allem, wenn es nicht einmal eine Reise als Ehepaar ist. Ich fühlte mich völlig überrumpelt von dem, was da auf uns zukam. Es war im Sommer 2013, meine Frau machte mit einer Freundin einen Mädels-Trip und besuchte eine Stadt im Nahen Osten. Ich war noch im Studium und hatte schon so etwas wie einen Fünfjahresplan im Kopf, als sie mit dem Eindruck nach Hause kam, Gott rufe uns in dieses Land. Sie hätte lieber heute als morgen die Koffer gepackt. Mir war das alles zu schnell und zu viel. Das war nicht Teil meines Fünfjahresplans und überhaupt hätte ich nicht in dieses Land umziehen wollen.

SIND WIR BEREIT?
Ich war nicht bereit für das. Ich wollte das nicht. Aber als rationaler Typ dachte ich: Es gibt zwei Möglichkeiten. Erstens, wenn Gott das wirklich will und ich wirklich Nachfolger Jesu bin, dann darf ich das nicht einfach unter den Teppich wischen. Zweitens, wenn Gott das nicht will, ist ja alles gut. Also zwang ich mich, für beide Situationen gewappnet zu sein. Wir baten das WEC-Aussendungszentrum um Hilfe, trafen uns für ein Gespräch und entschieden im Anschluss, einen Kurzzeiteinsatz in besagtem Land zu machen, um genauer herauszufinden, was Gott mit uns vorhatte.

Die Bereitschaft «Wohin du mich auch sendest, Gott, ich werde gehen. Was auch immer du möchtest, das ich tue, ich werde es tun.» ist die Basis, die eigene Berufung zu finden.

WEM VERTRAUEN WIR?
Im Jahr 2015 starteten wir ein dreimonatiges Abenteuer im Nahen Osten. Mittlerweile waren wir Eltern geworden. Es war eine sehr intensive Zeit. Irgendwie dachte ich immer, dass Gott uns sowieso in dieses Land rufen würde. Das gefiel mir nicht. Das würde bedeuten, dass wir viele für uns wertvolle Dinge aufgeben müssten: einen den Gaben entsprechenden Job mit Lohn ohne Abhängigkeit von Freunden, Karriere, Sicherheit, Kirche, Freunde. Wenn aber Gott uns ruft, dann wäre das doch die Entbehrungen wert und alles andere wird uns zufallen, oder? Ich merkte, dass ich auf weltliche Dinge mehr vertraute als auf Gott. Ich hatte die unbewusste Angst, Gott möchte mir etwas wegnehmen und meine es nicht gut mit mir.

In die Richtung einer (möglichen) Berufung zu gehen, ist ein Vertrauensschritt. 100-prozentige Sicherheit gibt es zwar nicht, aber Gott ist das Vertrauen wert.

WO IST UNSER HERZ?
Am Ende des Einsatzes hatten wir unabhängig voneinander den Eindruck, dass Gott uns in dieses Land ruft. Reicht das? Was, wenn wir Gott falsch verstehen und fälschlicherweise dahinziehen? Nun, wir glauben nicht, dass wir Gottes Plan durchkreuzen können und er uns gebrauchen kann, wo auch immer wir hingehen. Vielleicht ist unsere Herzenshaltung wichtiger als das, was genau und wo wir es tun. Allein für unsern Herzensprozess war es die Mühe wert, sich mit einem Einsatz im Nahen Osten auseinanderzusetzen. Egal was am Ende dabei rauskommt. Zuerst war es von meiner Seite her nur ein kalter Kopfentscheid, dem Ruf zu folgen. Mein Herz war noch nicht so weit. Erst in den folgenden Jahren kam ich an den Punkt zu sagen: HIER bin ich, sende MICH!

Berufung ist ein Prozess, in dem unser Herz sich dem Herzen Gottes nähert.