Jeremiah 17,7

Kannst du die Frage «Woher bist du?» nicht beantworten? Findest du eine zweistündige Predigt nicht besonders lange? Bist du geflogen, bevor du laufen konntest? Staunst du über saubere öffentliche Toiletten? Habt ihr Zuhause eine Haushaltshilfe? Machst du deine Andacht in einer anderen Sprache? Wenn mehrere dieser Dinge auf dich zutreffen, dann bist du wahrscheinlich gleich wie ich, ein Missionskind (MK).

AUFGEWACHSEN
Meine beiden Eltern sind Schweizer, doch ich kam in Amerika auf die Welt, lebte dann kurz in der Schweiz und verbrachte den Rest meiner Kindheit und Teenagerzeit in Südamerika. Ich schätze es, dass wir als Familie meistens zusammenbleiben konnten und dass ich der Gastkultur nahe war.

Wahrscheinlich zeigt schon die Tatsache, dass ich hier zu diesem Thema etwas schreibe, dass für mich als MK meine guten Erfahrungen überwiegen und ich einen Reichtum darin sehen kann. Ich kenne aber auch einige MKs, die ihre Vergangenheit als Wunde mit sich tragen und nicht ganz damit fertigwerden.

Geprägt durch mein Aufwachsen als MK, doch auch ganz klar durch Gottes Ruf, begann ich mich schon früh darauf einzustellen und vorzubereiten, später selbst in den Missionsdienst zu gehen. Der Ort stand natürlich ausser Frage – Südamerika, wo ich mich Zuhause fühlte. Auch als wir alle wieder in der Schweiz lebten, wo wir Kinder unsere Ausbildungen fortsetzten, reiste ich regelmässig zurück nach Südamerika und pflegte dort einen wichtigen Teil meiner Wurzeln.

Doch Gott brauchte die Jahre dazu, mein Herz zu verändern und führte mich schlussendlich in den Osten und nicht in den Süden. So etwas schafft nur Er! Meine Wurzeln sind trotzdem noch da, aber es ist etwas anderes daraus gewachsen, als ich mir hätte vorstellen können. Meine Vergangenheit dient als Brücke an einen neuen Ort.

GEFORMT
Wenn ich darüber nachdenke, wie mir meine Eigenschaften als MK in meinem jetzigen Dienst konkret helfen, so denke ich schnell an Grautöne. Wenn man in eine neue Kultur kommt und zu beobachten und lernen beginnt, kann es unglaublich anstrengend sein, wenn man alles verstehen und in schwarze oder weisse Ordner ablegen will. Ich komme besser klar mit Grautönen dazwischen. Ich kann mir nicht alles erklären, es gibt Ausnahmen, und manchmal braucht es einfach noch mehr Zeit und Beobachtung.

Was ich als Belastung mitnehme, ist der Schmerz des Loslassens. Loslassen wird nicht einfacher durch viel Übung. Doch darf ich wissen, auch wenn ich immer wieder alles loslassen muss, ich werde nie losgelassen! Ich darf mich nach einer besseren Heimat sehnen, der Heimat im Himmel (Hebräer 11,16).

Vor einigen Jahren wurde ich so berührt durch das Beispiel von Daniel. Er kam als Teenager in ein fremdes Land und sollte sich komplett anpassen. Das tat er mit einer guten Haltung, er wusste genau, wo die Grenze war. Er blieb seinen Wurzeln treu. Er konnte das Gesetz Gottes nicht missachten und wollte sich nicht mit dem Götzenopferfleisch verunreinigen. (Daniel 1)

Gerade gestern Abend war ich bei einer Familie hier zum Essen eingeladen. Ihre zwei Kinder sind schon Jugendliche, also ist für sie das Leben als MKs nicht neu. Sie wachsen in einem anderen Land auf als ich es tat, haben eine andere Erstkultur als ich, und doch konnten wir schnell gemeinsame Nenner finden und über unsere Erfahrungen mit verschiedenen Sprachen und Schulsystemen austauschen. Ich fand das so wertvoll. MKs sind bekannt dafür, dass sie gerne über tiefe Themen reden und wenn sie auf andere MKs stossen, finden sie meistens schnell Anknüpfpunkte dafür.

Bis heute schätze ich den Kontakt zu anderen MKs, aber ich denke nicht so oft über mein MK-Sein nach, es ist für mich normal und ich kenne es nicht anders. Heute sind unter meinen engsten Freunden keine MKs. Wenn diese Freunde mich auch nicht immer verstehen können, so zeigen sie mir immer wieder, dass sie sich um mich kümmern. Wer also gerade MK-Freunde verloren hat, Gott wird euch wieder Freunde schenken!

Autorin: Mirjam