«Wann nur Taten gebrauchen, wann auch Worte?»

«Gerade im säkularen Westen, wo Religion nur noch als subjektive Privatsache betrachtet wird und es für viele als ‘unanständig’ oder gar als ‘übergriffig’ gilt, über den persönlichen Glauben zu sprechen, findet der oben erwähnte Spruch schnell Zustimmung: «Rede nur, wenn du gefragt wirst, aber lebe so, dass du gefragt wirst» (Paul Claudel). In eine ähnliche Richtung zielt die bekannte Aussage, welche Franz von Assisi zugeschrieben wird: «Predige das Evangelium. Falls notwendig, gebrauche Worte». Es gibt jedoch keine Quelle, die belegt, dass Franz von Assisi dies wirklich gesagt hat. Zudem ist bekannt, dass er auf Plätzen und in Dörfern sooft predigte, dass er zu einem der bekanntesten Menschen seiner Zeit wurde. Seine Gefährten sandte er in verschiedene Regionen der Welt, um öffentlich zu predigen.

«Rede nur, wenn du gefragt wirst?» Jesus sandte seine Jünger nicht mit dieser Anweisung aus. Er beauftragte sie, mit Worten und Taten auf das Reich Gottes hinzuweisen (Mt 10,7-8). Paulus wies Timotheus an, zu predigen, sei es zur Zeit oder zur Unzeit (2. Tim 4,2). «Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predige», sagte Paulus, der sich seiner Berufung bewusst war (1. Kor 9,16). Er sah sich als Schuldner. Doch nicht Geld schuldete er den Leuten, sondern dass er das Evangelium verkündigte (Rö 1,14). Worte sind wichtig. Worte zählen. Worte haben Kraft. Mose sollte in der Wüste nicht einen Brunnen graben, sondern zum Fels sprechen (1. Mose 20,8). Den Propheten befahl Gott, sich nicht zu fürchten und sein Wort unerschrocken zu verkündigen (z.B. Jer 1,8). Ja selbst die ganze Welt erschuf Gott mit seinem Wort (Ps 33,6).

Taten und Worte gehören zusammen. Jesus lebte dies vor. In der Kapstadt-Verpflichtung (2010) wurde dies auch in neuster Zeit deutlich formuliert. Es geht um Wahrheit leben und Wahrheit verkündigen. Doch – wann sollen wir Worte gebrauchen? Wann sollen wir schweigen und einfach durch unser Sein und Handeln aufs Evangelium hinweisen?

Die Bibel gibt uns kein einfaches Rezept im Sinne einer Checkliste. In dieser Frage bleiben wir in der Abhängigkeit von Gottes Geist, der uns leitet. Folgende drei Punkte können uns dabei helfen:

1) Liebe: Wir sorgen uns, dass wir eine gute Chance verpassen oder nicht die richtigen Worte finden, um das Evangelium weiterzugeben. Sollte unsere Sorge nicht vielmehr sein, dass wir die Menschen um uns recht lieben können? Die Liebe macht keine Fehler. Sie ist nicht unanständig, sie weiss, was sich gebührt. Sie hält die Wahrheit nicht zurück. Sie ist geduldig und weiss, wann Zeit zum Sprechen und wann Zeit zum Schweigen ist (1. Kor 13.4-7). Beten wir, dass Gott uns mit mehr Liebe für die Menschen um uns füllt.

2) Offene Türen: Paulus wusste, dass Gott offene Türen und Herzen schaffen kann (Kol 4,3). Gott schenkt uns auch Mut und die richtigen Worte (Eph 6,19). Dies ermöglicht, dass sich das Evangelium rasch ausbreitet (2. Thess 3,1-2). Beten wir, dass Gott uns offene Türen schenkt.

3) Ansteckungsfaktor: Für wie viele Leute, die Jesus noch nicht kennen, beten wir regelmässig? Bei einem Ansteckungsfaktor unter 1 findet keine Verbreitung statt. Beten wir, dass Gottes Geist in uns so stark wirkt, dass sich unser Ansteckungspotential erhöht!

Kevin Mosimann